Textauszug aus Lokalgeschichte Ottensen
Am Anfang war der Krug – Kneipenbummel durch Ottensen 1510 bis 1939
Politik und Vereinsmeierei
Wirtshaus, Arbeiterbewegung und Vereine waren spätestens seit den 1880er Jahren eine Symbiose eingegangen. Die Arbeiterkneipe wurde zum außerhalb der sehr engen eigenen vier Wände gelegenen „Wohnzimmer“ und war Ort der Geselligkeit und der politischen Betätigung. Dies galt aber überwiegend für Männer; Frauen trafen sich eher vor der Haustür, im Treppenhaus, in der Waschküche oder beim Einkaufen und tauschten sich dort aus.
In der Kneipe beim Bier konnte man sich mit Arbeitskollegen austauschen oder Arbeiter aus anderen Betrieben kennen lernen, aber auch kurzzeitig den Fabrikalltag vergessen und Abstand gewinnen von häuslicher Enge und der Sorge um Verdienst, Arbeit und Familie.
Besonders zur Zeit der „Sozialistengesetze“ von 1878 bis 1890, als politische Versammlungen der Arbeiterbewegung verboten waren, tarnte man politische Treffen als Bier-Runden, um Zeitschriften und Broschüren der Bewegung zu planen und zu vertreiben und Agitationen vorzubereiten. (…)
Gastwirtschaft von Friedrich Stender
Treffpunkt der Ottenser Glasarbeiter war in den 1890er Jahren die Gastwirtschaft von Friedrich Stender in der Bahrenfelder Straße 273. Direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite war der Eingang zu den „Vereinigte Glashüttenwerke Ottensen“. Beim Streik der Ottenser Glasarbeiter im Sommer 1890 wurde die Gaststätte als Postadresse der streikenden Arbeiter angegeben.
Restaurant „Zur Eulenburg“
Ein Treffpunkt der Zigarrenmacher war das Restaurant „Zur Eulenburg“, Bahrenfelder Straße 69 (heute Victoria-Apotheke). Die Arbeiter der Zigarrenfabrik Caprano & Gruhn, gleich um die Ecke im Hinterhof Eulenstraße, der heutigen Mottenburger Twiete 12, hatten nach Feierabend keinen weiten Weg.
Die Ottenser Liedertafel „Lassallea“, der erste Arbeitergesangsverein in der großhamburgischen Region, ist auf die aktive sozialistische Bewegung der Zigarrenmacher zurückzuführen. Eines der Übungslokale lag 1896 an der Ecke Große Rainstraße/Kleine Rainstraße im heutigen Café Knuth. (…)