Die ehemalige jüdische Gemeinde in Altona
Mehr als 300 Jahre lang gehörte zu Altona eine jüdische Gemeinde. Aus kleinen Anfängen fast gleichzeitig entstanden, entwickelten sie sich gemeinsam zu Blüte und Bedeutung. Altonas Existenz als Ortschaft begann im 16. Jahrhundert, an dessen Ende vier jüdische Familien vom Landesherrn Graf Adolf von Schauenburg hier Niederlassungsrecht erhielten.
Gemeindehonoratioren um 1937. In der vorderen Reihe 4. von links Oberrabbiner Weiß
Foto: Stadtteilarchiv Ottensen (Privatbesitz)
Durch eine liberale Aufnahmepraxis für Verfolgte und Glaubensflüchtlinge wuchs die Zahl der „hochdeutschen” Juden und führte in den ersten Jahren des 17. Jahrhunderts zur Gemeindegründung. Ein (heute nicht mehr lokalisierbarer) Friedhof in Ottensen und der Friedhof an der Altonaer Königstraße wurden angelegt. König Christian IV. von Dänemark als neuer Landesherr bestätigte und erweiterte 1641 die den Juden von seinen Schauenburger Vorgängern verliehenen – schutzgeldpflichtigen – Privilegien. Altona erhielt 1664 durch seinen Nachfolger Friedrich III. Stadtrecht.
1671 vereinigten sich die jüdischen Gemeinden von Hamburg, Altona und Wandsbek zur „Dreigemeinde” mit Altona als Sitz des Oberrabbinats. Die „Große Synagoge” wurde gebaut, 1684 geweiht, durch Brand und Kriegseinwirkungen zerstört und 1715 neu errichtet. 1771 entstand eine „portugiesische” Synagoge, die nach der Auflösung der kleinen portugiesisch-jüdischen Gemeinde 1887 der hochdeutschen Gemeinde überlassen wurde.
Nach dem politisch bedingten Ende der Dreigemeinde im Jahre 1812 blieb Altona weiterhin zuständiges Oberrabbinat für Schleswig-Holstein. 1863 brachten die Schleswig-Hosteinischen Judenemanzipationsgesetze den Altonaer Juden die volle bürgerliche Gleichberechtigung. Um 1900 vergrößerte sich die Gemeinde durch Zuzug jüdischer Familien aus Osteuropa. 1926 trat Dr. Joseph Carlebach sein Amt als Oberrabbiner an. Die Gemeindeschule zog in ein großes Gebäude an der Palmaille um. Altona hatte jetzt fast 200 000 Einwohner, mehr als 2000 davon waren Juden.
Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 kam es zu Boykott und Ausschreitungen gegen Geschäfte jüdischer Inhaber. Die Altonaer Jüdische Gemeinde feierte 1934 das 250jährige Bestehen ihrer „Großen Synagoge’. 1935 degradierten die „Nürnberger Gesetze” Juden zu Bürgern zweiter Klasse. 1936 wurde Dr. Carlebach als Oberrabbiner nach Hamburg berufen und verließ Altona. Infolge des „Groß-Hamburg-Gesetzes”fand 1937 die formale Auflösung der Altonaer Gemeinde statt, die im Jüdischen Religionsverband Hamburg” unterging.
1938 währen der “Polenaktion” abgeschobene Juden in Zbaszyn
Foto: Stadtteilarchiv Ottensen (Privatbesitz)
Als soziale Gemeinschaft begann sie zu zerfallen durch das Einsetzen einer Emigrations- und Fluchtbewegung. Die Gemeindeschule schloss 1938. Juden osteuropäischer Herkunft wurden an die polnische Grenze deportiert. Den Flammen des Pogroms „Reichskristallnacht” am 9. November 1938 entgangen, wurde die „Große Synagoge” wenig später von beauftragten Handwerkern demoliert.
Im Herbst 1941 begann die planmäßige Deportation und Ermordung jüdischer Menschen durch die Nationalsozialisten. 1943 hatte Altona keine jüdischen Einwohner mehr.
Bei einem Bombenangriff im Juli 1943 gingen die „Große Synagoge” und das umliegende Stadtviertel der Altonaer Altstadt gemeinsam zugrunde.
Tafeltext Platz der Republik/ Black Form