Wie sich der Umgang mit unserem kulurellen Erbe in Ottensen und Altona verändert
Europäisches Kulturerbejahr 2018
“Gelebtes Erbe” setzt voraus, dass von unserem Erbe überhaupt noch etwas wesentliches übrig gelassen wird, in und mit dem gelebt werden kann! Der Ansatz „Zu Hause Europas Geschichte entdecken“ gerät in Hamburg schnell an seine Grenzen, nämlich immer dann, wenn „im richtigen Leben“ die Rahmenbedingungen für den Denkmalschutz von einer Politik gesetzt werden, die stets die Interessen von Bauherren und Projektentwicklern an die erste Stelle setzt, eben: Investors first! Häufig bleibt dann gar nicht mehr viel zu entdecken, oder man entdeckt am Ende, dass nur das noch da ist, was ins Weltbild der Investoren und Vermarkter passte.
Das Projekt beschreibt den Umgang mit unserem industriellen Erbe im Hamburger Bezirk Altona. Es kritisiert, dass die Hamburger Politik vieles von dem, was erhalten werden müsste, gleich bei erster Gelegenheit zum Abriss freigibt, um den Interessen von Investoren gerecht zu werden. Zugleich gibt es aber auch gute Beispiele für den denkmalgerechten Erhalt etwa von Fabrikgebäuden (z. B. die Zeisehallen, verschiedene Industriehöfe). Diese guten Beispiele für sinnvollen Denkmalschutz sind allerdings fast immer vor dem Hintergrund von Protesten und Widerstand gegen Abriss und Kahlschlagsanierung erkämpft worden. Ginge es nach dem Hamburger Senat, wären wohl bald keine industriellen Denkmäler mehr vorhanden.
Diesen Widerspruch, dem Hamburg auch seinen zweifelhaften Ruf als „Freie und Abrissstadt Hamburg“ verdankt, will das Projekt des Stadtteilarchivs Ottensen aufzeigen und anhand von Beispielen aus den Stadtteilen Ottensen und Altona-Nord zur Diskussion stellen. Wir fangen also gewissermaßen schon etwas früher an mit dem Entdecken, nämlich mit dem Hinterfragen der Rahmenbedingungen für den Denkmalschutz und den Erhalt von Quartiersidentität in Hamburg. Insofern ist das Projekt auch ein Beitrag zur Diskussion um die aktuelle Stadtentwicklungspolitik.
Altona hat(te) viele Punkte, wo vor Ort europäische Geschichte erlebt werden kann. Nur eines von zahlreichen Beispielen ist das ehemalige große Bahngelände, das jetzt bebaut wird. Seine Quartiersidentität erwuchs für über 140 Jahre aus dem Bahnbetrieb mit Personenbahnhof, Bahnbetriebswerk und Güterbahnhof. Von hier starteten z. B. 1957 die ersten TEE-Züge ins europäische Ausland, ein Meilenstein beim zusammenwachsen Europas! Übriggeblieben ist davon fast nichts. Der Bahnhof: schon lange abgerissen, das Betriebswerk: bis auf klägliche Reste verschwunden, der Güterbahnhof: das selbe Schicksal und das Wenige, was blieb ist bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt.
Europäische Geschichte zu Haus entdecken können, setzt also zunächst einmal voraus, die Orte, wo dies geschehen kann, vor der Vernichtung zu bewahren. Historische Quartiersidentität für die dort wohnenden und arbeitenden Menschen zu erhalten und sichtbar zu machen ist wichtiger Bestandteil für die Entwicklung eines Europas der Menschen. Dazu leistet das Projekt INVESTORS FIRST! einen Beitrag.
Als Vermittlungsangebote sind eine Ausstellung, Veranstaltungen vor Ort und im Stadtteilarchiv, Rundgänge in den Stadtteilen, Schülerprojekte und weitere Angebote in Planung.