Informationstafel zum „Langen Jammer“
Die Erinnerungstafel wurde 1993 anlässlich des 100sten Jahrestages der Cholera-Epidemie in Ottensen aufgestellt.
„Langer Jammer“ in den Zeiten der Cholera
Ende des 1900 Jahrhunderts waren im ehemals dörflichen Ottensen nach einer stürmischen Industriealisierung dicht bevölkerte Elendsquartiere entstanden. Tuberkulose, Typhus und andere Infektionskrankheiten forderten viele Opfer in der mangelernährten Arbeiterschaft. Im Sommer 1892 wütete im benachbarten Hamburg eine große Cholera-Epidemie. Sie wurde auch ins preußische Altona und Ottensen geschleppt.
Während der winterlichen Nachepidemie 1892/93 gelangten in Ottensen der „Lange Jammer“ und das „Korte Elend“ zu trauriger Berühmtheit. Das war der hier übliche Name für ein langes, einstöckiges Gebäude in der Rothestraße, drei zusammenstehende kleine Häuser um die Ecke in der kleinen Brunnenstraße, und die dazugehörigen Hinterhofgebäude. Anfang 1893 lebten hier auf engstem Raum 270 Menschen, vorwiegend ungelernte Arbeiter und Arbeiterinnen, eine Hebamme, einige Gesellen und kleine Handwerker mit ihren Familien. Über ein Viertel der Haushalte im „Langen Jammer“ wurde von unverheirateten oder verwitweten Frauen geführt. Die Häuser waren weder an die Kanalisation noch an zentrale Trinkwasserversorgung angeschlossen. Die BewohnerInnen teilten sich 21 Gemeinschafts-Plumsklosetts auf dem Hof. Es gab nur einen hofeigenen Pumpbrunnen an der Papenstraße (Ottenser Hauptstraße).
Am 21. Januar 1893 brach im „Langen Jammer“ Cholera aus. Bis zum 1. Februar starben sieben Menschen. Dr. Robert Koch, Bakteriologe und Entdecker des Cholera Erregers, untersuchte im Auftrag des Kaiserlichen Gesundheitsamtes den Brunnen und stellte eine Verseuchung des Wassers fest. Die preußischen Behörden reagierten rasch, der Brunnen wurde geschlossen. Die BewohnerInnen wurden zwangsgeräumt. Sanitätskolonnen desinfizierten Wohnungen und Mobiliar.